Am 22. März hatten die Schüler*innen der Klasse FSE22 des OSZ Dahme-Spreewald die Gelegenheit mit querstadtein e. V. (www.querstadtein.org), unter der Leitung von Thomas, eine Tour durch den Bezirk Charlottenburg zu machen. Begleitet wurden sie von der Lehrkraft Karsten Milow und der Schulsozialarbeiterin Katharina Jänsch. Ziel der Exkursion war es, sich mit dem Thema Obdachlosigkeit in Deutschland auseinanderzusetzen und einen Einblick darüber zu bekommen, was es eigentlich bedeutet auf der Straße zu leben.
Ein Leben, welches herausfordernd und mit zahlreichen Schwierigkeiten verbunden ist. Ein Leben, welches sich durch den Mangel an Unterkunft, Nahrung, sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen auszeichnet – alltägliche Grundbedürfnisse also nicht gestillt werden können. Ein Leben, welches von gesundheitlichen Problemen, sozialer Isolation, psychischem Stress, Stigmatisierung, Sucht- und Gewalterfahrungen geprägt ist.
Thomas, ursprünglich aus Bayern stammend, ist staatlich geprüfter Wirtschaftler und Ausbilder. Ihm wurde seine Wohnung seitens Vermieter gekündigt, was ihn letztendlich auch in die Obdachlosigkeit getrieben hat. Laut Thomas Aussage gibt es in Berlin rund 60.000 obdach- und wohnungslose Menschen, ca. 20.000 davon sind obdachlos und 25% davon sind Frauen. Die offiziellen Zahlen seien allerdings eher niedriger und er geht von einer hohen Dunkelziffer aus.
Durch Thomas, der selbst einige Jahre zunächst als Wohnungsloser und dann auf der Straße gelebt hat, konnten die Schüler*innen erfahren, was es bedeutet obdachlos zu sein, gewisse Sicherheiten und auch eigentlich selbstverständliche Dinge im Leben nicht zu haben. Für ein bisschen Bares Flaschen sammeln zu müssen, um sich beim nächsten Discounter wenigstens zwei Brötchen und etwas Aufschnitt kaufen zu können. Den Versuchungen von Alkohol und Drogen zu widerstehen, denen, laut Aussagen von Thomas, sehr viele Obdachlose verfallen.
In Teilen der Gesellschaft hält sich hartnäckig die Meinung, dass sich Obdachlose ihr Leben ausgesucht haben und auch so leben wollen. Thomas verneint das vehement. Er kennt einige Obdachlose, die zurück in eine eigene Wohnung gefunden haben und ihr Glück kaum fassen konnten. Durch die Angst alles wieder zu verlieren und durch andere Umstände, kam es bei dem einen oder der anderen dann wirklich so, dass sie erneut in die Obdachlosigkeit gerutscht sind.
Thomas hat nie aufgegeben daran zu glauben, dass Menschen Empathie empfinden können und ist in seiner Phase der Obdachlosigkeit auch immer wieder an Mitmenschen geraten, die dazu fähig waren. So auch die Schüler*innen der Klasse FSE22, die im Vorfeld belegte Brötchen gemacht haben und Obst zur Exkursion mitbrachten, um jedem Obdachlosen, der ihnen begegnet, etwas in die Hand geben zu können.
Laut dem Bericht aus 2022 über die Obdach- und Wohnungslosigkeit vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, sind derzeit 262.600 Menschen in Deutschland wohnungslos und 38.500 Menschen leben tatsächlich auf der Straße (vgl. Erstmals belastbare Zahlen über Wohnungslosigkeit in Deutschland - BMAS). Die Schere zwischen Armut und Reichtum wird in Deutschland immer größer, dieses Phänomen wurde jüngst auch vom Europarat stark kritisiert. Somit ist es umso wichtiger, auf das Thema Obdachlosigkeit aufmerksam zu machen und zu sensibilisieren.